Feb 102015
 

Nachdem wir „Neuen“ im Bereich DaF/DFU (Deutsch als Fremdsprache / Deutschsprachiger Fachunterricht) bereits im November eine allgemeine zentrale Fortbildung an der Deutschen Schule Quito hatten, bin ich vor einigen Tagen mit unserer Physik-Fachschaft aus Cuenca zu zweit zu einem intensiven Arbeitstreffen mit der Fachschaft in Quito gewesen. Neben Unterrichtsbesuchen und Diskussionen über formalen Planungen wurde auch Material ausgestauscht und über gemeinsame Baustellen gesprochen. Beide Schulen unterliegen den ecuadorianischen Vorgaben, aber in unterschiedlichem Umfang, da wir in Cuenca kein deutsches Abitur anbieten und im Gegensatz zu der fast 100 jährigen Schule in Quito erst etwas über 10 Jahre bestehen. In Quito ist die Fachschaft bei weitem größer und deutscher als bei uns, so dass wir einmal Gelegenheit hatten in einem größeren Rahmen fachlich und didaktisch zu diskutieren.

Ein zentrales Thema an beiden Schulen ist die Sprachförderung, da wir an beiden Schulen überwiegend nicht-deutsch-Muttersprachler/innen unterrichten und daher zum fachlichen Lernfeld das Sprachliche hinzukommt. So haben wir uns über die Form und Umfang von Vokabellisten ausgetauscht sowie über die Gestaltung von Arbeitsmaterialien. Auffallend finde ich, dass es kaum zentral verfügbarer Materialien zum DFU Unterricht aus Deutschland gibt, obwohl er doch eine zentrale Säule des Deutschen Auslandsschulwesens darstellt. Neben dem an anderer Stelle erwähnten DFU-Cockpit habe ich noch einzelne Links gefunden und wir haben auch den DFU-Methoden Ordner des Varus-Verlages in Cuenca. Aber die Praxis an vielen Auslandsschulen scheint zu sein, überwiegend Material selbst zu erstellen ohne auf fachdidaktische Vorlagen zurückgreifen zu können (im November hatte ich auch Kontakt zu Kolleg/innen aus einigen weiteren Städten der Region).

Da die Fluktuation an Auslandsschulen strukturell höher ist als an Schulen in Deutschland, ist eine Kontinuität auch nicht immer einfach. Deutsche Schulbücher sind sprachlich meistens zu komplex und können nur bedingt verwendet werden. Außerdem merke ich hier immer, wie viel höher aus der Ferne der Stellenwert digitaler Materialien ist und wie viel einfacher das Arbeiten in einem Stadtstaat wie Hamburg ist, wo zahlreiche Fachkolleg/innen mit ähnlichen Baustellen einen persönlichen Austausch ermöglichen, der hier in einem Land mit drei deutschen Schulen in weiter Distanz sehr selten ist.

Beim schriftlichen und mündlichen Arbeiten der Lehrperson fällt besonders auf, dass sprachsensibler Umgang zentral ist, um Hürden abzubauen. Zum Beispiel muss ich mich auch immer wieder zwingen, keine Synonyme zu verwenden und in einfachen Sprache und sehr redundant zu handeln.  Außerdem stellt sich im Austausch wiederholt heraus, dass Sprache zwar zentral im DFU Unterrichtsgeschehen ist, aber z.B. in der Bewertung nicht dazu führen sollte, gegenüber dem Fachlichen dominant zu werden. Insgesamt wird anders gelernt, hierzu hatte ich bereits an anderer Stelle geschrieben.

Weiterhin haben wir uns in Quito zum Schwerpunkt Differenzierung ausgetauscht und an einem konkreten Unterrichtsvorhaben ein paar Überlegungen konkretisiert. Neben offenen Aufgabenformaten und einer Selbstreflexion des Unterrichtes haben wir uns auch über die Ambivalenz inhaltlich differenzierter Angebote ausgetauscht, insbesondere weil das Thema in Ecuador stark in den Anfängen steckt und Eltern unterschiedliche Lernangebote in einer Lerngruppe als Diskriminierung ihrer Kinder missverstehen können. Was im Grunde immer hilfreich erscheint, ist eine Vielfalt der Darstellungsformen, Sprachentlastung und die Option unterschiedlicher Antwortenformate beispielsweise in Form von Skizzen und Ähnlichem. Es fällt nur schwerer ins Gewicht als sonst an Schulen, wenn diese Entlastungen nicht stattfinden, ansonsten denke ich sind dies grundsätzliche Merkmale guten Unterrichtes.

Unser Unterrichtsvorhaben zum Thema „Energieerhaltung“ diskutierten wir vor allem in Hinblick auf geeignete Experimente und Analogien. So war der Vorschlag, den ich auch mal umsetzen werde die nächsten Wochen, mit einem einfachen Pendel einzusteigen und mit einem Energiekontenmodell die Umwandlungen zu visualisieren. Dann hatten wir vor allem überlegt, welche Umformungen besonders anschaulich verdeutlichen, dass Wärme abfällt und dadurch die Bewegungsenergie abnimmt. Eine Idee war, Bleischrot in einer Röhre zu schütteln und dann die Temperaturdiffernz messen zu lassen. Nach dem qualitativen Einstieg soll die Energieerhaltung formuliert und über das Energiekontenmodell quantifiziert werden. Soweit ein paar Ideen.

Abschliessend haben wir das duale Berufsbildungszentrum an der Deutschen Schule Quito besucht, dass im kaufmännischen Bereich seit dreißig Jahren schulische Berufsausbildungen nach deutschem Vorbild in Kooperation mit regionalen Firmen anbietet. Dies ist bisher noch ein sehr neues Feld in Ecuador und generell in Lateinamerika, das aber zunehmend auf Interesse von Firmen und Politik stösst. Neben der von der deutsch-ecuadorianischen Handelskammer zertifizierten Berufsausbildung gibt es einen ecuadorianisch anerkannten Abschluss sowie eine sonst nicht übliche finanzielle Beteiligung durch die Firmen an der Ausbildung.

Im Anschluss an die Fortbildung bin ich über die Homepage von Josef Leisen gestolpert, da bald die Didakta in Deutschland ist und wir uns Material mitbringen lassen können. Ich bin sehr gespannt auf sein Handbuch Sprachförderung im Fachunterricht, das zwar nicht explizit für die DFU Arbeit konzipiert ist, aber doch laut Inhaltsverzeichnis viele zentrale Fragen des sprachsensiblen Unterrichtes aufwirft.

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