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  • thewriter2009

800 Beiträge seit 04.07.2008

Die berechtigte Angst vor dem Verlust der Kontrolle über eigene Daten

Die Selbstbestimmung des eigenen Hoheitsbereichs - der Wohnung muss
nun mal jedem selbst überlassen bleiben und sollte auch respektiert
werden.

Es gibt Leute, die haben an ihrem Briefkasten "Bitte keine Werbung
einwerfen!"
stehen und welche, die haben das nicht. Die einen wollen alle Post
und  entsorgen überschüssige Werbung und die anderen wollen sie
"gefiltert".
Ein Werbeausträger könnte genauso argumentieren: Wer einen
Briefkasten hat, 
will schließlich Post bekommen und Post ist Post - egal ob
personalisiert
oder nicht, egal ob Brief oder Werbeblättchen. 
Dennoch respektieren die meisten, wenn der Hausbesitzer die Regeln
festlegt,  welche Art von Post er bekommen möchte und welche nicht.

Und es soll sogar Leute geben, die am Briefkasten "Bitte keine
Werbung einwerfen!" stehen haben, aber selbst Flyer verteilen. 

Warum sollte es sich nicht analog mit Google Street View verhalten?
Auch wenn es schizophren ausschaut, aber ist es verwerflich, wenn
jemand sagt:
"Ich nutze zwar Google Street View und schaue mir andere Häuser an,
aber mein eigenes will ich nicht zeigen!" Ist doch legitim, oder?
Schließlich liegt es an jedem selbst, ob er seine Daten Google Street
View zur Verfügung stellt, oder nicht.

Beim Telefonbuch ist es genauso. Wieviele Leute haben zu Hause eines
liegen, nutzen aber selbst eine "Geheimnummer" bzw. ISDN-Zweitnummer,
die außer guten Freunden niemandem erzählt wird?

Oder die Rufnummernunterdrückung? Ich kenne etliche Leute, die haben
dieses Merkmal standardmäßig aktiviert, schauen aber grundsätzlich
immer selbst auf das Display, wer da gerade anruft.

Ich schätze, es ist das Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Kontrolle
der Daten.
Man will die Kontrolle über die eigenen Daten nicht verlieren, aber
andere gleichzeitig kontrollieren.
Natürlich kann niemand verhindern, dass jemand Daten über einen im
Netz veröffentlicht. Wenn jeder wüsste, dass es von der
Panoramafreiheit abgedeckt ist, jedermanns Hausfassade
abzufotografieren und es rechtlich dagegen keine Handhabe gibt, gäbe
es die Panoramafreiheit schon nicht mehr. Dass es die
Panoramafreiheit noch gibt, ist lediglich dem Informationsdefizit der
Bevölkerung geschuldet und der Tatsache, dass es noch niemand gewagt
hat, Privathäuser en masse abzufotografieren und ins Netz zu stellen.

Macht doch mal folgendes Selbstexperiment: Fotografiert alle Häuser
eurer Straße und stellt sie  auf eine Webseite mit den Daten der
Leute aus dem Telefonbuch. Eine Datenzusammenführung in klein
sozusagen. Gebt dann noch gut sichtbar ein Impressum an.
Dann verteilt ihr Flyer in der Nachbarschaft: "Ihr Haus wurde von uns
fotografiert und ist mit ihrem Namen ins Internet gestellt worden.
Gruß, ..."

Und dann zählt die eintrudelnden "Strafanzeigen wegen aller möglichen
Tatbestände", Abmahnungen,  Unterlassungsklagen, Beschwerdebriefe,
Aufforderungen mit Frist, etc.
Unter Garantie: Mindestens Zweidrittel der Leute werden irgendwelche
Schritte unternehmen. Auf jeden Fall hat man mit den Leuten hinterher
Probleme.

Warum also kann man das Selbstbestimmungsrecht der Leute nicht
akzeptieren? Wenn man selbst sein Haus veröffentlichen will, kann man
das ja tun, aber hat man das Recht Leute zu kritisieren, wenn diese
ihr Haus nicht veröffentlichen wollen und trotzdem sogar noch das
Recht in Anspruch für sich nehmen, andere Häuser zu beglotzen? Nein,
hat man nicht, denn man hatte ja die Möglichkeit, ebenfalls sein Haus
unkenntlich zu machen.

Man hat die Sorge, die Kontrolle über Daten zu verlieren und diese
Sorge ist irgendwo berechtigt.
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