Als Antwort auf “https://schulesocialmedia.com/2016/08/12/wie-lehrkraefte-digital-fit-werden/”
Mitmachen, ausprobieren, kommunizieren. Alles gut und richtig. Nur denke ich, dass die berufliche Praxis vieler Lehrender so ähnlich aussieht wie meine – das heißt, das neben Unterrichten, Konferenzen, Elternkommunikation, verpflichtenden Fortbildungen (die nur teils nützlich sind) und verschiedenen Absprachen treffen dann auch Kommunikationspausen angesagt sind, der Job beiseite gelegt wird und Privates seinen Platz sucht, so dass dauerhafte Vernetzung gar nicht gewünscht ist, sondern eher zielgerichtete Vernetzungshäppchen. Mit den Schüler_innen über den Unterricht hinaus zu kommunizieren (z.B. Nachfragen zu Hausaufgaben oder Prüfungsvorbereitung) halte ich in guter Dosierung für sinnvoll, aber mache dabei immer auch deutlich, dass ich nicht jederzeit und überall erreichbar bin.
Ich schaffe es trotz Teilzeitstelle gerade nicht, mich regelmäßig am educhat zu beteiligen obwohl ich damit gute Erfahrungen gesammelt habe als ich noch kein Klassenlehrer war und mehr Zeit hatte. Materialien zu digitalisieren und Blogbeiträge schreiben sind auch Dinge, die bei mir an zweiter Stelle stehen nach solider Unterrichtsvorbereitung, der Planung von Prüfungen und Klausuren und nach dem mich informieren was in den Parallelkursen gerade läuft, was für Projekte anstehen usw. Vor Informationsflut ist oft das, wass sich schnell auf den Kopierer werfen lässt, was Schulbuchverlage als Arbeitsmaterialien mit Musterlösung vorstrukturiert haben oder ein gutes Schulbuch eher die Wahl zur Unterrichtsgestaltung, als die Ideen, die gut klingen, aber nochmal überarbeitet/angepasst werden müssten. Sicherlich spielt da auch mit rein, dass ich gerade neu an meiner Schule bin und Abläufe nach und nach klarer werden und Routine längerfristig entlasten.
Unterrichtsblogs habe ich schon einmal genutzt, aber das brauchen auch Zeit mit der Lerngruppe, die das Curriculum und die Schulrealität nur bedingt zulässt. In Mathe z.B. kann ich zeitlich wenig mit meinen Stunden „experimentieren“ durch eine Fülle an Stoff und Vorgaben. Aber das werde ich sicher nochmal wieder angehen, vielleicht im nächsten Schuljahr, wenn ich einen Jahrgang inhaltlich komplett einmal begleitet habe und besser einschätzen kann, wieviel Zeiträume sich wo ergeben.
Zur Zeit wird bei uns in Hamburg „Kollegiale Unterrichtsreflexion“ diskutiert und eingeführt, das klingt vielversprechend auch in Hinblick auf digitale Medien. Gemeinsam Praxis reflektieren ist erst einmal auch Aufwand, aber erweitert das eigene Repertoire und erleichtert die immer notwendige Weiterentwicklung der eigenen Praxis.
Ich verstehe diese Kritik so, dass Digitalisierung nicht das Kerngeschäft betrifft, dass es immer Dringenderes und Wichtigeres gibt als Lernen im Netz. Und tatsächlich ist das in der Berufsrealität so. Nur: Die wird sich ändern, sie wird verschwinden. Das wäre der Anstoß, aus dem sich der Wille ergeben könnte, digital fit zu werden. Ist die Bereitschaft dazu nicht vorhanden – was ja auch heißt, dem Projekt zeitliche Priorität einzuräumen, dann werden das Lehrkräfte in absehbarer Zeit nicht tun. Mein Beitrag richtet sich an jene, die den Willen dazu entwickelt haben.