Apr 172018
 

Am vergangenen Wochenende habe ich im Rahmen der diesjährigen SH-HILL-Fachtagung, die wir als Fachgruppe dies Jahr in die Tagung „Bildung in der digitalen Welt“ des Landesinsitutes für Lehrerbildung Hamburg integriert hatten, einen Workshop zu „Blogs als Lerntagebuch“ angeboten.

Als Ankündigungstext und Konzept hatte ich geschrieben:

„Lerntagebücher als Werkzeuge der Lernprozess-Reflexion bekommen durch webbasierte, interaktive Systemen wie Blogs im Vergleich zur traditionell-schriftlichen offline-Lerntagebüchern die Dimension der globalen Öffentlichkeit und bieten eine einfache Möglichkeit der Vernetzung durch Kommentarfunktionen und RSS-Feeds.
Im Workshop sollen verschiedene Praxisbeilspiele aus verschiedenen Unterrichtsszenarien in Sek. I vorgestellt und diskutiert werden, auch in Hinblick auf die Bevorzugung von Blogs gegenüber alternativen CMS oder sozialen Netzwerken zur Lernprozess-Reflexion.
Es ist auch möglich, im Workshop eigene Blogs einzurichten, wenn Rechner mitgebracht werden.“

 Bei der vorbereitenden Arbeit zur Veranstaltung habe ich meinen eigenen „Werdegang“ des Arbeitens mit Blogs im schulischen Kontext nachgezeichnet und festgestellt, dass ich meinen ersten Blogbeitrag vor ziemlich genau 10 Jahren in einem Uni-Seminar geschrieben hatte, am 4.April 2008. Ein altes Werkzeug also, keine innovative Plattform könnte man meinen. Wenn ich in die Schullandschaft schaue, die mir bekannte Unterrichtspraxis und auch online recherchiere, fallen neben unterschiedlich aktiven Lehrer_innenblogs (wie diesem in dem ich gerade schreibe) nur vereinzelte Schüler_innen-Arbeiten mit Blogs auf. Zum Beispiel die auch medial bekannt gewordene Projektseite http://twentyninepoets.de/
Auch ich verwende Blogs seltener im Unterricht, als ich vor etwa zehn Jahren vermutet hatte – die Schulrealität erzwingt verschiedene Hürden, die erst im Rahmen der eigenen Tätigkeit klarer werden. Dennoch habe ich bereits mehrere erfolgreiche Anläufe durchgeführt und werde dies auch in Zukunft in passenden Lerngruppen und Unterrichtsbedingungen (Stundenzahl, inhaltlicher Rahmen, etc.) tun. Einige der auch im Workshop dargerstellten Praxisbeispiele sind hier zu finden: https://hhamo37.wordpress.com/ und https://informatikmorisse.wordpress.com/ (Lehrerblogs mit Verlinkung zu entsprechenden Schüler_innen-Blogs)
Als Einstieg in den Workshop hatte ich – analog mit Kärtchen – meine Überlegungen zum Einsatz von Lerntagebüchern und von Blogs dargestellt und zur Diskussion gestellt:
(meine Kamera hatte mir Probleme mit dem Autofokus gemacht…)

In der Diskussion kamen zum einen vor allem Nachfragen wie „Was machst du, wenn Eltern nicht mitspielen“ oder „Ist das rechtlich unbedenklich mit personenbezogenen Daten“, die eher auf die Risiken der Öffentlichkeit zielten und zum anderen auch Fragen zum Arbeitsaufwand und zur praktischen Umsetzung. Zur Darstellung der Praxisbeispiele hatte ich eine Prezi „Blogs als Lerntagebücher“ vorbereitet und auch einen Vorschlag zur Einbettung eines webbasierten Lerntagebuches in den Fachunterricht:

Mein Eindruck ist, dass das Arbeiten in globaler Öffentlichkeit, wie ich es mit meiner Blog-Nutzung anstrebe, auf schulisch-strukturelle Skepsis stößt. Nicht ganz unbegründet, war es möglicherweise bisher auch mein Glück, dass bei meinen (zugegebenermaßen wohl auch bedingt ausgereiften) unterrichtlichen Blogeinsätzen weder Eltern noch Schüler_innen, noch Schulleitungen blockiert haben. Ich denke gerade durch die Öffentlichkeit ist das Lernpotential ein anderes, umfangreicheres, als wenn „nur“ Beiträge z.B. in einem Moodle oder einer anderen schulinternen Plattform geschrieben wird. Sicher müssen in der Planung auch gewisse Schritte berücksichtig werden, z.B. die Absicherung durch Schulleitung und Impressum, eine Elterninformation und eine gut durchdachte Kommunikation, sowie Einzelfalllösungen, falls z.B. Schüler_innen nicht in der Öffentlichkeit schreiben möchten oder Accounts über die Lehrperson laufen sollen. Aber gerade die Vorbereitung auf das Veröffentlichen und die Diskussion um den Sinn von Pseudonymen (die meine Schüler_innen bisher immer verwenden sollten) kann medienpädagogisch ergiebige Auseinandersetzungen auslösen. Ich selbst schreibe mit Klarnamen, habe aber auch eine völlig andere Rolle als meine Schüler_innen. Eine Empfehlung zu Rahmenbedingungen hat die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht: „In zehn Schritten zum unterrichtsbegleitenden Blog“

Die Diskussion, ob eine eigene Installation oder die wordpress.com Webseite genutzt werden soll, hängt sicher auch mit rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen, aber ich bin der Ansicht, dass die Ehrfurcht vor Grauzonen nicht dazu führen darf, nützlichen Werkzeuge und Informatiksysteme gar nicht erst in Betracht zu ziehen und dem „rechtlich unbedenklichen“ Papier und Stift weiterhin das Monopol zu überlassen.

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