Jul 132018
 

Nun da das Schuljahr vorbei ist und die Ferien beginnen, finde ich zwischenzeitlich Zeit und Lust, noch ein paar Gedanken loszuwerden. Ich bin gerade in Ecuador, wo ich zwei Jahre als OLK in der Deutschen Schule in Cuenca gearbeitet hatte – ein erster Besuch seitdem wir wieder in Hamburg leben. Hier habe ich viele Impulse bekommen für sprachsensiblen Unterricht und viel über mich selbst gelernt in der Perspektive, „der Andere“ zu sein (was schwer zu vergleichen ist mit Migrant*innen in Deutschland, da ich hier im postkolonialen Ecuador viele Privillegien als „weißer“ europäischer Migrant hatte, also nicht von Rassismen betroffen bin, wie viele Menschen, die nach Deutschland und Europa kommen).

Ich möchte in diesem Artikel aber nicht über Ecuador oder das Unterrichten an Deutschen Auslandsschulen schreiben, sondern über sprachsensiblen Mathematikunterricht mit Geflüchteten in Hamburg.
Zunächst war meine Lerngruppe, so wie vermutlich viele der internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) sehr heterogen in Lernstand, Vorbildung und Tempo, nicht allein fachlich, sondern auch in Bezug auf allgemeine Lernstrategien. Einige Jugendliche hatten vor ihrer Ankunft in Hamburg Mathe-Unterricht, andere seit Jahren nicht. Diese Umstände erfordern einen sehr individualisierten Unterricht, der aber in einer kleinen Lerngruppe, wie ich sie hatte – meist mit einer zusätzlichen pädagogischen Unterstützung – gut leistbar war. Die Klasse wird als 7.Klasse eingeordnet, das Niveau schwankt aber enorm.

Die Themen bauen in der Mathematik nunmal stark aufeinander auf, so dass je nach Bedarf bei dem Rechnen mit Dezimalzahlen, wie in Klasse 7 durchaus üblich, angesetzt werden kann oder eben bei Bruchrechnung oder in einzelnen Fällen auch beim kleinen Einmaleins zurückgesprungen werden muss. Das alles ist kein Problem, da es keinen festen Lehrplan gibt, was so auch sinnvoll ist. Neben diesen eher auf Zahlenbereiche und Grundrechenarten bezogene Inhalte hat es sich angeboten, sowohl das Koordinatensystem und der Umgang mit dem Geodreieck einzubeziehen, als auch erste Erfahrungen mit digitalen Werkzeugen wie Geogebra anzubieten. Figuren zu zeichnen erfordert Konzentration und Feinmotorik und ist eine gute Abwechslung zum kalkülorientierten Hantieren mit Zahlen. Ein Koordinatensystem lässt sich auch prima mit Kreide auf dem Schulhof vorbereiten, um Schüler_innen dann Punkte oder Geraden aufstellen zu lassen. Messen und die Berechnung von Flächen und Volumina bieten einen guten Zugang zur direkten Umgebung und ermöglichen auch das Arbeiten im Freien und das Kennenlernen wichtiger Messgeräte wie Zollstock und Maßband. Eine Doppelstunde haben wir damit verbracht, verschiedene Strecken und Zeiten für einen 40 m Lauf zu messen und diese grafisch darzustellen, um die Darstellung von Daten zu üben und die Interpretation von Grafen, auch von Funktionen anzubahnen.

Ich bin in meinem ersten Durchgang relativ häufig thematisch gesprungen, es gab aber auch immer wieder Wechsel, d.h. Schüler_innen sind gegangen und gekommen, so dass ein „klassischer“ Aufbau kaum möglich war. Dies ist aber vielleicht auch eine Chance, den Unterricht stärker zu individualisieren und auf den/die Einzelne zuzuschneiden. Ich denke ein wichtiger Punkt ist neben individuellen Angeboten aber auch Kontinuität und Übung, d.h. viel selber rechnen, zeichnen, handeln. Es ist besonders schwierig, wenn zu hause wenig passiert und Materialien kaum strukturiert verwendet werden, was aber nicht überraschend ist, wenn man sich die Lebenssituation dieser jungen Menschen vor Augen hält. Diese sind geprägt von Unsicherheiten, wenig Struktur und wenig Kontinuität.
Die Fachsprache ist nicht nur für den fremdsprachlichen Fachunterricht eine eigene Herausforderung. Wie Objekte der Mathematik bezeichnet werden ist für die Verständigung wichtig, wichtiger aber erscheint mir noch das inhaltliche Verständnis. Ohne Begriffe wie „Multiplikation“ oder „Summe“ lässt es sich schwer arbeiten, aber ob es einen „Divisor“ gibt oder nicht, ist vielleicht weniger wichtig, als schriftlich multiplizieren und dividieren zu können. Wichtig bei der Einübung von Fachbegriffen erscheint mir das wiederholte Aufgreifen und Hervorheben einer überschaubaren Anzahl von zentralen Begriffen, ohne diese grammatikalisch einzuordnen. Einfache Sprache und Satzbildung (verbal und schriftlich als Tafelbild) ist manchmal gar nicht so einfach, lohnt sich aber sehr für das Verständnis.

Interessant waren hier die Vorkenntnisse einzelner Schüler_innen, die eine andere Schreibweise und Notation gelernt hatten, mit der sie aber ebenso wie mit meinem Vorschlag ans Ziel kommen. Hier habe ich mich bemüht, diese Vorkenntnisse zu stärken und wertzuschätzen und nicht die eine allgemeine Vorgehensweise durchzusetzen.

Ein Schuljahr ist eine kurze Zeit, um Grundlagen zu legen, aber ich denke alle Schüler_innen sind für sich einige Schritte vorangekommen. Manchmal habe ich vorhandenes Material genutzt, z.B. einzelne Seiten aus der „Intro“ Reihe, auch einmal Übungen aus unseren „RAAbits“-Ordnern die zu allen Arbeitsblättern Musterlösungen dabei haben, so dass auch recht eigenständiges Bearbeiten mit Musterlösung zum Vergleich möglich ist, d.h. auch, dass Schüler_innen zeitgleich einfach an unterschiedlichen Arbeitsblätter arbeiten können. Außerdem habe ich gelegentlich das Praxishandbuch „Sprachbildung im Mathematikunterricht“ verwendet. Viele Grafiken z.B. zur Bruchrechnung lassen sich aber leicht und ohne besondere Vorbereitung per Suchmaschine schnell im Netz finden und verwenden. Manchmal habe ich solche digitalen Grafiken auch abzeichnen lassen, das prägt sich auch besser ein, als diese als Kopie zu erhalten und spart Ressourcen.

Alles in allem gibt es viele Aspekte, die sich gar nicht so von anderem Mathe-Unterricht unterscheiden, vor allem das individuelle motivieren und verschiedene Zugänge und Niveaus einzuplanen. Ich freue mich auf das neue Schuljahr, wo ich voraussichtlich wieder etwas Mathematik-Unterricht in der IVK-Klasse geben werde und damit auch dazu beitragen kann, jungen Menschen in einer schwierigen Situation Wertschätzung und Bildungsangebote zu geben.

Notizen eines Schülers zu Fachbegriffen

 

Ein Teil des Tafelbildes zum 40m Lauf

 

Ein Arbeitsblatt zu Geogebra:

Geogebra01.odt

Geogebra01-Lsg.odt

Mrz 012018
 

Im Mathe-Unterricht der 9.Klasse ist das Thema zur Zeit „Kreis“. Als Abschluss des kurzen Blocks habe ich eine Aufgabe zur Modellierung mit Kreisen aus dem Buch: “Modellieren lernen – mit offenen realitätsnahen Aufgaben” von Gilbert Greefrath aufgegriffen, indem ich eine Kabellänge anhand eines Fotos bestimmen lassen habe.

Heute habe ich ein sehr viel detaillierteres Beispiel mit Daten zu den Abmaßungen aus dem Buch von Gerd Hinrichs verwendet und in unserem schuleigenen Moodle abgelegt, um eine Bearbeitung mit einer Tabellenkalkulation zu ermöglichen. Die Idee hierzu stammt ebenfalls aus dem Buch von Gerd Hinrichs. Continue reading »

Feb 262018
 

Die Zeit vergeht, gut gefüllt und ohne neue Blogbeiträge. Unterricht, Klassenlehrer-Belange und Vater sein – dazu einige neue Herausforderungen wie wissenschaftliches Schreiben, Mitarbeiten an anderen Webplattformen wie Klexikon oder Serlo und die Content-Entwicklung im schuleigenen moodle, alles Tätigkeiten, die nicht direkt mit Veröffentlichungen und webbasiertem Arbeiten zu tun haben. Aber nun habe ich einen aktuellen Anlass, einmal zu schreiben.

Im Rahmen der in Hamburg vorgesehenen Präsentationsprüfungen im Abitur als Alternative zur mündlichen Prüfung habe ich in meinem S4 Kurs grundlegendes Niveau das Thema Modellierung ins Zentrum der letzten Stunden gerückt, da Realitätsbezüge mir auch besonders wichtig über das Abitur hinaus erscheinen und zur Unterstützung der zahlreichen Prüflinge, die sich nun kreativ anwendungsorientiert ein Thema der Mathematik für ihre Prüfung suchen.

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Apr 172017
 

Als Thema in der Oberstufe ist „Simulation komplexer Systeme“ im Bildungsplan der Hamburger Schulinformatik verbindlich. Da ich in Studium oder bisherigem Berufsleben keine Berührung mit diesem Thema hatte, arbeite ich mich gerade schrittweise in das Thema ein.

An unserer Schule haben wir eine Lizenz für den Consideo-Modeller, mit dem sich nach Vorgaben auf das Zentralabitur vorbereiten lässt. Leider gibt es scheinbar keine freie und aktuelle Softwarelösung zu den entsprechenden Anforderungen im Zentralabitur. (siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/4428498/cdd77f6e20d9397da7c4870273f7920d/data/abitur-a-heft-2017.pdf ab S.108) Etwas ältere Informationen zum Thema sind auch hier zu finden: http://bildungsserver.hamburg.de/simulation/

Dynamische, komplexe Systeme sind nicht ohne weiteres durchschaubar, sondern beinhalten Rückkopplungen und andere logische Verbindungen zwischen Faktoren. Hier kommt vernetzendes mathematisches und logisches Denken ins Spiel, gerade auch bei der Modellierung von Wachstumsformen und Änderungsraten. Reale Anwendungen im Themenbereich der Differenzialgleichungen in der Analysis der Oberstufe sind vielseitig, aber leider wird das Modellierungsvermögen in Schule allgemein zu wenig gefördert, so dass den Schüler_innen mathematische Abschätzungen auch zu einfachen Funktionen und Abhängigkeiten sehr schwer fallen. Dies beobachte ich vor allem im Mathematik-Unterricht, es bestätigt sich aber auch gerade beim Thema systemisches Denken und Simulationen.

Ein einfaches Beispiel für nicht-lineare Zusammenhänge habe ich aus dem Bereich Populationsentwicklungen von Insekten gefunden und auf Consideo übertragen (das liesse sich bestimmt auch gut im Mathematik-Unterricht in der Mittelstufe entsprechend vorentlastet bearbeiten)

 

Das Wirkungsdiagramm zum Modell in Consideo

Eingabe der Konstanten Werte und Gleichungen in der quantitativen Ansicht von Consideo

Simulation: Tabelle und Diagramm zur Nahrungs- und Populationsentwicklung

Interessant an dem Thema Systemdynamik finde ich, dass es eine Vielzahl an Problemen gibt, die mit diesem Instrument eingegrenzt und analysiert werden können, wenn sie nicht deterministisch fehlinterpretiert werden. Problematisch finde ich die häufig vorkommenen Modelle zu Bevölkerungsentwicklung und ähnlicher Systeme, die Stereotype reproduzieren oder (unreflektierte?) Diskriminierungen und Wertungen enthalten, wie „Das Dorf in Afrika“ versus „moderner“ Gesellschaften oder auch eingeengte und reduzierte Geschlechterrollen (Geburtenraten, Frauen und Mütter usw.).

Kategorisierung und „Berechenbarkeit“ von Menschen hat immer etwas Widersprüchliches in sich – besonders wichtig ist hier die Begrenztheit mathematischer und informatischer Modelle hervorzuheben und Modellbildungen sowie zugrundeliegende Annahmen zu relevanten Faktoren und Kategorien nicht als objektiv und determiniert gegeben zu sehen, sondern sie kritisch zu hinterfragen. Hier zeigt sich ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Einbettung von mathematisch-technischen Modellen in ihren Grenzen und Reduzierungen aber auch ihren Auswirkungen bei Interpretationen und Konsequenzen.

 

Jan 252017
 

Mit zwei siebten Klassen haben wir letzte Woche den von Nils Buchholtz entwickelten Mathematischen Stadtspaziergang Hamburg für Klasse 7 zum Thema Prozentrechnung durchgeführt. Dieser entstand als Forschungs- und Entwicklungsprojekt zum außerschulischen Lernen des Arbeitsbereichs Didaktik der Mathematik der Universität Hamburg.

Das vorbereitete Material kurz bevor es losging.

Im Material heißt es zu den Zielen des Vorhabens: „Der mathematische Stadtspaziergang Hamburg verfolgt das Ziel, Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, Mathematik außerhalb des Klassenzimmers anzuwenden und Mathematisierungskompetenzen zu erwerben. Ein Grundgedanke ist dabei, dass Schülerinnen und Schüler mathematische Aufgaben und Probleme an speziell ausgezeichneten Objekten in der Stadt oder in der Umgebung durch Abschätzung oder Messung von realistischen Größen lösen und dazu selbstständig mathematische Modelle aufstellen.“ Continue reading »

Jan 072017
 

Ich habe mein in der Broschüre „Standhalten“ veröffentlichtes Material zu Weltsprachen und Statistik in einer leistungsstarken 7.Klasse ausprobiert, um Themen der deskriptiven Statistik wie „Stichprobe“ und „Grundgesamtheit“ zu wiederholen sowie Themen der Prozentrechnung aufzugreifen und verschiedene Darstellungsformen anhand einer Tabellenkalkulationssoftware zu üben. Zu meinem geplanten zweiten Block mit den gefärbten Weltkarten bin ich noch nicht gekommen, da wir zunächst eine Klassenarbeit schreiben mussten und diese eine gründliche Wiederholung voraussetzte. Das veröffentlichte Konzept und Material befindet sich weiter unten als pdf/doc-Anhang.

Die beiden Kompetenzen, die ich im Material benannte habe, die eine Annäherung an eine rassismuskritische Sichtweise darstellen sind die folgenden:

  • SuS können anhand des Themas Sprache Uneindeutigkeiten und Mehrfachzugehörigkeiten in globalen Gesellschaften benennen.

  • SuS können am Beispiel Weltsprache erläutern, das mathematische Erhebungen nicht rein objektiv sind, sondern immer bestimmten Prämissen bzw. gesetzten Voraussetzungen unterliegen und somit auch eine gesellschaftliche Dimension haben.

Die zweite Kompetenz sehe ich mehr als einen Prozess, der anhand verschiedener Aufgaben und Problemstellungen und bestenfalls Projekte immer wieder betont werden sollte. Mathematik besteht im Verständnis der Schüler_innen überwiegend aus formal gesetzten Regeln, objektiven Maßstäben und die gesellschaftlichen Dimensionen spielen höchstens in Form von mehr oder weniger „realistischen“ Textaufgaben im klassischen Mathematikunterricht ganz am Rande eine Rolle.

Uneindeutigkeiten und Mathematik erscheinen vielen Schüler_innen geradezu als Gegensatz. Vermutlich ist das auch ein Grund, weshalb fächerübergreifende und -verbindene Projekte nach meiner Erfahrung in Schule eher die Ausnahme bilden. Modellierung ist in der Lehrer_innen-Ausbildung gefragt, aber im Schulalltag kaum präsent. Ein Grund ist sicher, dass das Bearbeiten realer, im kontext eingebetteter Probleme nicht nur einen Umbau von Mathematik-Unterricht mit dementsprechendem Arbeitsaufwand für alle Beteiligten bedeutet, sondern auch, dass Zeiträume für das selbstständige Arbeiten der Schüler_innen bereitgestellt werden müssen.

Genau hier zeigt sich in meiner Praxis eine der Hürden, größere, projektorientierte mathematische Vorhaben anzugehen. Meine Mathestunden sind begrenzt und viele Themen und Inhalte laufen mir davon, wenn ich mehrere Doppelstunden auf ein Kontext-„Experiment“ verwende. Eine Überlegung wäre ein Projekthalbtag o.ä., um in Ruhe auch Zeit für Recherchen und weitergehende Fragen zu haben. Dies ist nicht unmöglich – eine ähnliche Aktivität bieten z.B. die mathematischen Stadtspaziergänge, die an der Universität Hamburg entwickelt wurden und sich über etwa vier Schulstunden am Stück ziehen. Hier kommt es sicher auf Wohlwollen der Schulleitung für Projekte an und auf ein motiviertes (Mathe)Kollegium.

Anhand von Äußerungen und dem Verlauf des Unterrichtsgespräches über die Bedeutung von Weltsprachen, Statistiken und Uneindeutigkeiten wurde aber deutlich, dass meine Schüler_innen den Kontext keineswegs „unmathematisch“ oder unpassend fanden, wie ich vermutet hatte (Nach dem von mir erwarteten Motto: „Warum machen wir kein richtiges Mathe-Thema“) sondern weckte Neugier und Interesse. Einige Schüler_innen informierten sich nebenbei, wo welche Sprache gesprochen wird und wir sprachen auch über Kolonialismus. Vermutlich wäre die Diskussion in einem älteren Jahrgang tiefergehender gewesen, aber je nach Schule ist der innermathematische Gehalt des Unterrichtsvorhabens vielleicht doch eher für eine 7.Klasse geeignet als für Klasse 8 oder 9.

Inwieweit hat nun ein solcher Mathematik-Unterricht etwas mit Rassismuskritik zu tun? Meine allgemeinen Überlegungen zur Verknüpfung beider Themen habe ich in einem einleitenden Artikel in o.g. Broschüre dargestellt, diese hänge ich ebenfalls als pdf an. Eine schöne Ergänzung zu diesem Thema habe ich auf Zeit-online unter „Wenn auf der Welt nur 100 Menschen lebten“ gefunden und dies meinen Schüler_innen im Anschluss an die Weltsprachen-Statistik zur Diskussion gestellt. Soziale Fragen werden mathematisch unterfüttert, visualisiert und bereichert. Eine Sensibilisierung Jugendlicher für die gesellschaftliche Komplexität, die Mathematik versucht greifbarer zu machen (mit all ihren fachlichen Begrenztheiten!) kann nach meiner Auffassung einen Beitrag zu einem reflektierten, emanzipatorischen und auch rassismuskritischen Weltbild leisten.

Über kritische Anregungen und/oder Praxisberichte zu meinen Überlegungen und Materialien, insbesondere aus mathematikdidaktischer Sicht, freue ich mich!

Anhang:

Sep 262016
 

Nachdem ich mich etwas eingewöhnt habe und in Routinen hier in Hamburg komme, habe ich mich die letzten Tage gefragt, was ich auf meinem Blog schreiben könnte. Viel neues Material habe ich nicht entwickelt, eher schon Vorhandenes verwendet und angepasst sowie kleine unspektakuläre Dinge im Unterricht genutzt. Die Bücher in Mathematik erleichtern mir das Leben, in Physik und Informatik bringe ich auch einmal Material aus meiner Schrottkiste mit (Kabel, Router, LAN-Kabel usw.) und spreche mit den Schüler/innen über Datenverarbeitung, Elektrizität und Rechenanlagen.

In der Oberstufe arbeite ich im Medienprofil und habe ein kleine Rechercheaufgabe zu „Big-Data“ an den Beginn gestellt. Hierzu habe ich einige passende Informationen bei der Bundeszentrale für politische Bildung gefunden. Interessant war, das ich bei der Suche nach weiteren Materialien und Videos meist auf zwei Extreme stieß: Diejenigen, die besonders die Gefahren in den Fokus nehmen und Kontrollaspekte sehr deutlich hervorheben und diejenigen, die alles sehr rosig malen, ihre Produkte vermarkten und versuchen, Nutzer/innen zur Preisgabe von Daten animieren. Ein Thema, das gesellschaftlich sicher noch an Relevanz zunehmen wird.

An meiner Schule wird seit Jahren ein Moodle verwendet, das ich erst einmal einfach übernehme und im ersten Jahr durchspielen werde, um dann zu schauen, ob und wie sich etwas verbessern lässt. Moodle ist traditionell, passt damit aber vielleicht auch nicht ganz schlecht in den Schulalltag, wie er derzeit ist. Schulstunden lassen sich mit Material, Aufgaben und Tests gut vorstrukturieren und verwalten. Vernetztes Lernen wie das Kommentieren und Rezensieren über Blogs oder das offene gemeinsame Entwickeln wie über Etherpads ist nicht vorgesehen. Letzten Endes entscheide aber ich als Lehrer, wie stringent ich die möglichen Kontrollmechanismen anwende und wie eng ich mich an dem System orientiere. Zumindest gibt Moodle einen zügigen Überblick, wer welche Materialien bearbeitet und abgegeben hat, auch wenn es nicht besonders ästhetisch daherkommt und auch etwas klobig. Viele Funktionen werden im Kollegium kaum verwendet und Schüler/innen bewegen sich in einem hierarchischen, festen Rahmen. Wie oben gesagt entspricht das ja auch in etwa dem klassischen Schulsystem. Aber ich schau mir das erst einmal eine Zeit lang an und profitiere von der Vorarbeit des Kollegiums, das zumindest für Informatik viele Materialien bereits vorstrukturiert hat, die ich übernehmen und anpassen kann.

Ich muss mich umgewöhnen, was die Oberstufen-Mathematik in Hamburg betrifft. Die komplexen Taschenrechner, die ich für das IB in Ecuador verwenden musste und konnte (Grafikrechner FX-9860GII) sind hier scheinbar nicht vorgesehen. Ich fand die Aufteilung von Klassenarbeiten und anderen Materialien des IB in eine Hälfte mit und ein Hälfte ohne Rechnerhilfe überzeugend, schließlich rechne ich selbst auch nicht alles per Hand und kann ganz andere Aufgabenformate einsetzen. Ich muss mich noch einmal einarbeiten, was die derzeitigen Abiturregelungen in Hamburg betrifft, schließlich war ich ja drei Jahre außer Landes, vielleicht sind sie auch gar nicht so rechnerfeindlich, wie es scheint.

Ansonsten bin ich zufrieden, habe neue Herausforderungen und unterschiedliche aber sympatische Lerngruppen von 7.Klasse bis Oberstufe und werde wohl auch erstmal den „Schlagersänger“ spielen, indem ich nicht so viel Innovatives selbst entwickle, sondern gute Materialien auch von anderen einsetze.

Jun 012016
 

Vor einigen Wochen habe ich in unserer Mathematik-Fachschaft in Cuenca eine Fortbildung zum Thema „Bruchrechnung“ gegeben. Auch hier in Ecuador ist der Einstieg in die Bruchrechnung Thema der 6.Klasse, ähnlich wie in Hamburg. Der Übergang von ganzen Zahlen zu Brüchen wird überwiegend recht abstrakt und wenig handlungsorientiert gestaltet, weshalb viele Schüler/innen auch in den folgenden Schuljahren Schwierigkeiten mit dem Thema haben. Ich habe einige Praxisbeispiele zusammengestellt und vorgestellt. Continue reading »

Mrz 262016
 

Leider kann ich nicht dabei sein, wenn auf der Schulbuchmesse Anfang April in Hamburg die Publikation „standhalten“ – Rassismuskritische Unterrichtsmaterialien und Didaktik für viele Fächer mit dem gleichnamigen Kurzfilm vorgestellt wird. Aber empfehlen möchte ich diese Veranstaltung.

Ich habe das Kapitel „Lernbereich Mathematik“ der Publikation mit grundlegenden Überlegungen und zwei Unterrichtsentwürfen in längerer Arbeit und guter Zusammenarbeit mit den Herausgebern entwickelt. Ich freue mich schon, wenn ich im Sommer wieder in Hamburg bin, die gedruckte Version meiner ersten Mit-Veröffentlichung in den Händen halten zu können 🙂 Continue reading »